Neben der u.U. nachlassenden Lust kommen in den Wechseljahren Beschwerden wie Scheidentrockenheit hinzu. Kann man es schaffen, mithilfe von Gleitcremes, Hormontherapie oder naturheilkundlichen Verfahren eine erfüllende Sexualität aufrecht zu erhalten?

Ich spreche die Frauen grundsätzlich darauf an: wie ist das Gefühl in der Scheide?  Gibt es Beschwerden oder hat sich etwas verändert? Wann treten die Beschwerden auf? Dann bespreche ich mit den Frauen die Behandlungsmöglichkeiten, rate durchaus auch zu hormonhaltigen Cremes oder Zäpfchen, die den Hormonmangel, der in den Wechseljahren zur Scheidenatrophie führt, ausgleichen. In der Regel merken die Frauen nach wenigen Wochen eine deutliche Besserung.  Aber zurück zur Frage: Kann man eine erfüllte Sexualität aufrecht erhalten? Ja, man kann, wenn man es möchte. Es ist aber oft nicht nur eine Frage der Scheidentrockenheit. Scheidenprobleme, also Probleme mit Scheidentrockenheit oder Schmerzen beim Verkehr können übrigens auch vor den Wechseljahren auftreten.

Wieso ist Scheidentrockenheit immer noch ein Tabuthema?

Ich spreche es bei den Patientinnen offen an. Ich bin natürlich durch meine Arbeit in der Beratungsstelle sensibilisiert. Denn die Scheide ist per se immer noch ein Tabuthema, auch wenn sie zunehmend in Fokus der Intimchirurgie gerät. Oft wird aber noch von irgendetwas „da unten rum“ gesprochen. Es gibt nach wie vor viele Frauen, die sich mit ihrer eigenen Anatomie nicht auskennen und nicht mit ihr vertraut sind. Der Genitalbereich wird oft als etwas Unreines, Schamhaftes betrachtet, was viel Reinigung aber wenig liebevolle Zuwendung verdient hat. Beschwerden machen den Umgang mit dem eigenen Genitalbereich nicht leichter. Es wäre schön, wenn Frauen den Mut finden könnten, es anzusprechen, anstatt still zu leiden. Und dann wäre es natürlich auch gut, wenn sie auf offene, verständnisvolle Ohren stoßen würden. Nur so kommen wir aus der Tabuzone raus.

Sind die Frauen, die mit Scheidentrockenheit zu kämpfen haben, noch besonders unter Druck?

Wieso? Ja, in gewisser Hinsicht schon. Aber man sollte sich einfach denken: wenn die Veränderung der Scheide in und nach den Wechseljahren  keine Beschwerden macht, dann ist es gut so. Wenn Beschwerden auftreten, kann man etwas dagegen tun. Man sollte versuchen das Ganze pragmatisch zu betrachten.

Welche anderen Probleme – außer eventuell schmerzendem Geschlechtsverkehr – tauchen bei Scheidentrockenheit auf?

Jucken, evtl. ein Fremdkörpergefühl in der Scheide; Brennen; gelblicher Ausfluss; Beschwerden zum Beispiel beim Fahrradfahren. Die Frau nimmt ihre Scheide, die sich, wenn sie gesund ist wenig bemerkbar macht, auf unangenehme oder gar schmerzhafte Art und Weise war.

 

Interview mit Gabrielle Stöcker, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Psychosoziale Beratung, Pro familia Beratungsstelle Köln-Zentrum

Lesen Sie auch: