Nach Studien der North American Menopause Society haben Frauen besonders in der Zeit zwischen 45 und 64 Jahren wenig oder keine Lust auf Sex. Kann und soll man das beeinflussen?

Da sind wir wieder beim Leidensdruck. Es stellt sich die Frage: leidet jemand unter der Lustlosigkeit oder sind die Partner zufrieden, das ist wichtig. Es gibt ja keine normative Regel, was befriedigende Sexualität ist.

Kommt es zu Frustration oder einem Paarkonflikt wegen unterschiedlicher sexueller Bedürfnisse, obliegt es den Paaren, dies selbst zu beeinflussen, nicht jemandem von außen.

Es gibt ja auch Möglichkeiten, eine etwas eingeschlafene sexuelle Beziehung wieder anzukurbeln:

  • ein gemeinsamer Besuch im Erotikladen,
  • erotische Literatur,
  • eigene Phantasien nutzen,
  • den oder die Partnerin kreativ verführen

Generell sollte man lernen, die Sache spielerisch und unverkrampft anzugehen. Kommunikation und Reden über Sexualität  ist wichtig, damit meine ich aber nicht nur Kommunikation mit dem Partner. Auch HausärztInnen und GynäkologInnen können hilfreiche Ansprechpartner sein, die wiederum auch selbst den Mut haben sollten, das Thema mit ihren PatientInnen anzusprechen. Für professionelle Hilfe gibt es Sexualberatungsstellen wie pro familia oder niedergelassene Sexualtherapeuten.

Ist kein Sex wirklich so belastend?

Das kommt, wie bereits gesagt, auf das individuelle Empfinden an.

Wie kann man die Libido wieder stärken?

Einige Dinge wurden ja bereits erwähnt . Doch das geht oft nicht von einem Tag auf den anderen. Wenn jemand beispielsweise Schmerzen beim Sex hat, muss nach der Ursache geguckt werden und eine entsprechende Behandlung durchgeführt werden. Hinzu kommt: mit zunehmendem Alter werden oft Medikamente genommen, die die Libido einschränken. Ein Beispiel sind Betablocker. Nun ist man aber auf diese Medikamente angewiesen. Dann heißt es, aufklären, darüber reden und zu verstehen wo die Ursache für den Libidoverlust liegen könnte. Und wenn dann die Einschränkung durch die Medikamente immer noch sehr stört, schauen, ob es eine Alternative zu dem Medikament gibt.

Nun kommt ja auch der Mann in die Jahre: was tun bei vaginaler Atrophie bei der Frau und erektiler Dysfunktion beim Mann?

Manchmal kommt es zur Akzeptanz der Veränderungen und die Paare leben damit. Wenn nicht, gibt es die Möglichkeit Medikamente und Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen: es gibt mehrere etablierte Präparate zu Behandlung der erektilen Dysfunktion auf dem Markt. Auch Vakuumpumpen oder Penisringe können hilfreich sein. Der Nutzen der Lustpille für die Frau ist dahingegen mehr als fraglich, wenn es um die medikamentöse Behandlung des Libidoverlustes geht. Einer Einschränkung des sexuellen Erlebens mit Schmerzen wegen trockener Scheidenverhältnisse kann durch Gleitgels, Feuchtcremes oder auch hier einer örtlichen Behandlung mit Hormonsalben oder Zäpfchen begegnet werden.

Wie wichtig ist der eigentliche Akt? Also Geschlechtsverkehr?

Das ist auch wieder individuell sehr unterschiedlich. Manche Paare erleben körperliche Intimität und zärtliches Streicheln mit oder ohne Orgasmus durchaus als befriedigende Sexualität. Auch diese Option kann man mit Paaren in der Beratung thematisieren und ihnen die Möglickeit geben, Sexualität losgelöst von Geschlechtsverkehr zu betrachten.

 

Interview mit Gabrielle Stöcker, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Psychosoziale Beratung, Pro familia Beratungsstelle Köln-Zentrum

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